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Digitalisierung im Human Resources Bereich aus Unternehmer- und Beraterperspektive

Interview mit Dirk Linn, Geschäftsführer und Gründer von p-manent consulting GmbH

Dirk Linn ist Gründer und Geschäftsführer von p-manent consulting. Das Beratungshaus aus Düsseldorf ist ein erfahrener Partner für digitale Human Resources (HR) Lösungen zu eRecruiting, Talentmanagement und Learning Management, Mitarbeiterfeedback und Unternehmens-Klimaanalysen mit rexx-systems und Zest. Dirk ist einerseits Berater und Dienstleister für andere Unternehmen, andererseits hat er selbst sein Unternehmen aufgebaut und durchlebt immer wieder Transformation im eigenen Unternehmen. Im Interview mit mir spricht Dirk zum einen aus der persönlichen Perspektive eines Unternehmers und zum anderen beschreibt er, was er am Markt und bei den Kunden im Hinblick auf die Digitalisierung, insbesondere im Human Resources Bereich wahrnimmt. In seiner Freizeit widmet sich Dirk leidenschaftlich seinem Hobby, dem Flugsport.

Dirk Linn, Geschäftsführer und Gründer von p-manent consulting GmbH

Melanie: Was ist denn deine aktuelle Rolle bei p-manent consulting und welche Aufgaben beschäftigen dich derzeit?

Dirk: Das ist eine ziemliche Bandbreite. Dadurch, dass ich mehrere Rollen in unserem Unternehmen begleite, zwischen Entwicklung nach vorne, Strategie, wo geht die Firma hin und Sensor am Markt. Dann bin ich auch stark in Projekten drin. Wenn man ein Unternehmen leitet und strategisch verändern will, braucht man auch operative Kenntnis. Und in der stillen Stunde überlege ich mir, wie die Firma nach vorne getrieben werden kann.

Melanie: Was ist das, was euch bei p-manent primär beschäftigt? Ihr macht ja einiges in Richtung HR und Digitalisierung.

Dirk: HR war ja nicht bei mir in die Wiege gelegt. Ich bin in den 90er Jahren bei E-Plus als Ingenieur eingestellt worden, von dort in den Trainingsbereich und dann in HR. Das war für mich was Neues, eine andere Welt. Ich bin dann irgendwann auf den Trichter gekommen, dass es ein toller Markt ist, mit Menschen umzugehen und Dinge aufzubauen. Ich bin dann in die Software-Branche reingeschlittert und habe ein Unternehmen aufgebaut. Und da wir mit HR zu tun haben, dachte ich, eigentlich habe ich eine Kenne, ich weiß, was da passiert. Was ich einerseits gelernt habe, ist, dass man Bekanntes mit Software abbildet und versucht, nach vorne zu gehen. Und auf der anderen Seite habe ich versucht, mein Wissen auch bei mir im eigenen Unternehmen umzusetzen und das ist schiefgegangen. Diese klassische Pyramide, einen Bereich aufzubauen und Führungskräfte einzustellen. Vor vier Jahren habe ich dann komplett umgebaut auf eine mehr demokratische, mehr freiheitsliebende Struktur. Jetzt habe ich so zwei Dinge, einmal das klassische Talent Management, das das Brot und Butter Geschäft ist, mit Mitarbeitergesprächen, Zielvereinbarungen und Recruiting. Und auf der anderen Seite probiere ich im eigenen Unternehmen Sachen neu aus und gebe viele Freiheiten. Ich habe selbst keinen klassischen Recruiting Kanal, ich gehe auch über Youtube Videos und Netzwerke. Also versuche ich immer, Dinge zu reflektieren, was funktioniert. Und ich stelle eine Diskrepanz fest zwischen dem, was der Markt zurzeit noch fordert und was die Vordenker für die Zukunft im Kopf haben. Das ist ein Spannungsfeld dazwischen. Und ich versuche immer mit meinem Unternehmen der Sensor zu sein und Dinge zu probieren, die vielleicht nicht in einem klassischen Umfeld funktionieren. Dieser Spagat, das kennzeichnet uns.

Melanie: Das heißt also, Vordenkern und Vorprobieren mit dem eigenen Unternehmen, um zu schauen, was auch am Markt zukünftig greifen könnte?

Dirk: Das ist auch schwer übrigens. Ich kann das auch nicht immer komplett erklären. Ich brauche dafür Erfahrungsberichte und ein Team, das mir vertraut. Ohne Vertrauen, dass das Team sagt, ich habe eine Idee, was er denken könnte, und dass hat immer gut geklappt und die Veränderung mache ich mit. Ohne das geht es nicht. Deshalb habe ich auch einen Kompagnon mit Marcus Kretzschmar, der mehr der Analyst und immer ein Sparring Partner für mich ist. Er sagt mir: ‚Dirk, ich gebe dir Freiräume, probier’ das. Und wenn es funktioniert, folge ich dir. Aber ich bleibe erst mal in meinem Geschäft, das Bekannte, das sichere ich ab und du kannst immer einen Schritt nach vorne gehen’.

Melanie: Dann bist du, wenn ich es richtig verstanden habe, der Visionär und er der Analyst, der sagt, achte aber hier und da drauf und wenn es klappt, gehe ich auch mit.

Dirk: Ja, genau, wir haben da ein gutes Sparring. Und für das Team ist das auch wichtig, dass sie wissen, wir haben zwei verschiedene Geschäftsführer, einer der alles am Leben erhält und dafür sorgt, dass die Stabilität da ist und einer, der neue Brücken baut und dann kommt das Team nach und stabilisiert diese Brücken. Es ist ja nicht einfach, dass man sagt, ich baue das jetzt um und das funktioniert sofort. Ich habe teilweise die Hälfte der Mannschaft durch die Transformation verloren.

Melanie: Du hast ein Stichwort genannt, die eigene Transformation. Den Begriff nehme ich jetzt mal auf. Wenn du das auf eure Kunden überträgst, was stellst du da fest, wo stehen diese gerade im Hinblick auf Transformation und insbesondere digitale Transformation?

Dirk: Ich habe ja zwei Produkte am Markt. Das rexx systems Produkt, das eine tolle Lösung für das Talentmanagement im klassischen Sinne ist. Auf der anderen Seite gibt es einen Ansatz, der von unten nach oben geht. Ziele werden nicht von oben nach unten vereinbart, sondern der Mitarbeiter sagt, ich habe verstanden, wo du hinwillst. Das setzt natürlich eine Transparenz und Kommunikation voraus. Dass die Mitarbeiter wissen, wo das Alignment ist, dass sie die Richtung des Unternehmens kennen. Jetzt stelle ich fest, dass viele Führungskräfte, viele Entscheider davor Angst haben. Dass sie eher den klassischen Weg gehen wollen. Ich gebe die Ziele vor, ich kann das bewerten. Das sind ja auch monetäre Dinge dabei. Wenn ich ein Ziel vorgebe, dann muss ich auch das Geld, die Prämien in der Hand haben, mit denen ich führe. Wenn ich das umdrehe und der Mitarbeiter selbst sagt, ich brauche diese Schulung, ich brauche diese Verbesserung, das Ziel ist für mich gut, dann ist da ein riesen Commitment dahinter. Für den Mitarbeiter ist das besser. Aber das mittlere Management, das ist das „Hauptproblem“, da diese damit nicht umgehen können. Deshalb wird klassischerweise – wenn man Systeme einführt – die bisherige Methode weiterverkauft. Der Markt ist riesig und die Systeme können sich gar nicht entwickeln. Neue Systeme wie Zest, die mit dem alten Ansatz brechen, die kommen auf dem Markt gar nicht an. Weil die Kunden sagen, super Idee, aber die trauen sich nicht, da dies einen riesen Impact auf das Unternehmen hätte. Diese Transformation, die ich ja auch durchlebt habe, das Risiko will keiner eingehen. Ich glaube die Digitalisierung wird oft falsch verstanden. In vielen Bereichen ist es so: ich habe einen Prozess und eine Software und bilde diesen Prozess ab. Dann hast du verloren, da du die Digitalisierung nicht verstanden hast.

Melanie: Die Digitalisierung ist also eigentlich noch mehr. In dem Zusammenhang fällt ja häufig das Thema digitales Mindset. Was ist das für dich?

Dirk: Digitales Mindset heißt erst mal keine Angst vor der Technik zu haben. Und wie mit jedem Werkzeug, wenn du z.B. ein Schreiner bist, must du den Hobel bedienen können. Und ich glaube, heute ist es so, dass man viele Dinge nicht mehr richtig bedienen kann. Oder es gibt eine Schieflage zwischen Menschen, die affin sind und manchen, die sagen, ich habe noch zehn Jahre in meinem Job, ich brauche das nicht. Digitales Mindset bedeutet auch, dass dir das Digitale viele Dinge als Entlastung bietet, aber du musst noch überlegen, was muss persönlich sein und was kann digital passieren. Früher hatten wir einmal pro Jahr Mitarbeitergespräche. Das war Papier. Das haben wir durchgeführt und am Ende stand das Papier im Schrank. Und im nächsten Jahr hat der Mitarbeiter gefragt: ‚Liebe Führungskraft, was ist denn da gerade passiert, wir hatten doch eine Vereinbarung getroffen’. Aber dadurch, dass es nicht digital und kein Folgeprozess da war, kam nichts dabei heraus. Ich habe auch schon probiert mit Mitarbeitergesprächen zu arbeiten. Aber jetzt haben wir bei uns digitale Feedbacksysteme eingeführt. Das heißt, die Mitarbeiter haben die Möglichkeit, einmal im Monat beim Check-in mit dem Smartphone zu sagen, wie es mir geht, wie meine Wetterlage ist, wie ich mich fühle. Es gibt dazu auch eine Feedbackgarantie. Wenn mir jemand einen Check-in sendet, dann hat er innerhalb von 24 Stunden eine Antwort. Es ist wichtig, dass man die direkte Rückkopplung hat. Und jetzt kommt diese digitale Geschichte rein. Es ist ja so, dass viele Sachen so gut funktionieren und dass man vieles so regeln kann. Aber wenn ich merke, da gibt es Probleme, dann werde ich das Mitarbeitergespräch einleiten, dass man persönlich zusammenkommt. Diese Kombination zwischen dem Regelprozess, der früher rein persönlich war, und Prozessen, die rein digital sind, die beiden zu vermischen, das ist für mich digitales Mindset. Also zu überlegen, wo ist meine Wertschöpfung dabei, wann muss ich ausbrechen.

Melanie: Das fand’ ich jetzt ganz plastisch mit dem Feedback, wie ihr das macht. Gibt es noch weitere Beispiele, was kann man im HR Bereich digital machen?

Dirk: Der klassische Weg ist ja das Recruiting. Da hat sich einiges geändert. Vor allem ist die Quelle, wo die Menschen in den Prozess eintreten, schon digital. Da kann man sich als Unternehmen gar nicht mehr dagegen sperren. Wir müssen gucken, wo meine Kunden sind. Und meine Kunden im HR sind die Mitarbeiter. Und die schreiben keine Briefe mehr, die haben andere Wege. Wir haben noch viel zu viele Dinge, die digital verkopft sind wie die digitale Akte. Heute kaufen Unternehmen noch Systeme ein, die ein Papier digitalisieren als digitale Akte. Die meistens Prozesse sind bereits digital erzeugt. Da gibt es kein Papier mehr. Innerhalb einer Software wie z.B. rexx ist der Urlaubsantrag rein virtuell. Das Mitarbeitergespräch ist in der Datenbank, wenn man so will. Es gibt da kein Papier mehr. Wir leben in einer alten Welt, die versucht, ins Digitale zu kommen. Es ist wesentlich, zu schauen, wo entstehen die Daten, wer geht mit den Daten um. Und vor allem, wie nutzen meine Mitarbeiter die Daten. Wir müssen nicht schauen, was kann der Geschäftsführer mit den Zahlen anfangen, was bestimmt wichtig ist. Wir müssen gucken, wo ist die Akzeptanz in der Mannschaft, wieviel Daten bekomme ich überhaupt, über welchen Weg, mit welchem Nutzen für die Menschen, die diese erzeugen. Anstatt dass der Geschäftsführung etwas zugeliefert wird.

Melanie: Das sagst du einen ganz interessanten Punk. Da hört man ja oft von People Analytics? Ist das tatsächlich mehr etwas für die Geschäftsführungsebene, was hat der Mitarbeiter davon? Wie ist deine Haltung dazu?

Dirk: Nehmen wir mal die Trump Wahl. Im Vorfeld haben ja viele gesagt, Trump wird niemals Präsident werden. Es gab ja sogar in Kalifornien ein sehr renommiertes Institut, das gesagt hat, zu 99,x% wird Trump die Wahl verlieren. Das ist People Analytics. Inwieweit können wir diese Prädiktionsmodelle einsetzen? Jetzt kommt Trump und dreht das um. Wenn wir das da schon nicht schaffen bei so vielen Messpunkten, die wir haben. Wie wollen dann Unternehmen das haben? Dieses People Analytics Thema ist immer die Frage, welche Frage stellst du und was kriegst du dabei raus. People Analytics geht ja von Dingen aus, die passiert sind, und sagen dir auf Basis dieser Wahrscheinlichkeit, es passiert genau das. Aber wir treffen da viele falsche Entscheidungen. Guck’ mal Nokia mit den Handys falsche Entscheidung. VW mit der Dieselgeschichte. Gerade die großen Firmen haben, bevor der Absturz kam, ihr bestes Jahr gehabt. Und die haben Analytics ohne Ende. Also, was ist da passiert? Sollen wir darauf vertrauen?

Melanie: Da mag ich jetzt noch einen Schritt weitergehen. Das bringt uns in Richtung Künstliche Intelligenz. Was hältst du davon?

Dirk: Ja. Also, KI finde ich gut. Weil wir viele Dinge automatisieren können. Weil es uns bei Entscheidungen helfen kann. Amazon hat ja schon KI im Hintergrund, beim Empfehlungswesen. Das sind Dinge, die mir schon helfen. Wenn man KI einsetzt, rudimentäre Aufgaben zu erledigen wie z.B. Alexa, Siri & Co. Das ist schon eine ziemlich coole Geschichte. Ich nutze das übrigens auch. Ein Beispiel dazu. Wenn ich abends nicht einschlafen kann und habe im Kopf irgendeine Idee, dann sage ich: ‚hey Siri, Erinnerung für den nächsten Tag…’. Dann ist mein Kopf leer und die Software hat mir eine Notiz für den nächsten Tag um 9h eingestellt. Und ich schlafe gut, für mich eine Entlastung. Das sind positive Dinge. Es wird dann pervertiert in meinen Augen, wenn man dadurch manipuliert oder Dinge versteckt.

Melanie: Jetzt lass uns noch mal genauer auf HR schauen. Was könnt ihr da alles digital abdecken? Du hast jetzt schon erwähnt: Recruiting, Zielvereinbarung, Feedbackgespräche. Was gibt es noch für Päckchen, die ihr digital abbilden könnt?

Dirk: Was heute ein Hype ist, ist das ganze Preboarding. Du hast einen Bewerber gefunden und er hat noch sechs, acht Wochen, bis er anfangen kann wegen Sperrfristen oder Übergangszeiten. Jetzt können wir ihn schon digital einbinden. Das kann rexx zum Beispiel. Du bekommst schon Zugang zu bestimmten Bereichen. Du kannst dich zum Essen verabreden. Du kannst E-Learning durchführen. So bindest du die Leute schon an das Unternehmen. Weil er das Gefühl hat, ich arbeite dort schon.

Melanie: Jetzt hast du auch E-Learning genannt. Inwiefern digitalisiert ihr den Learning Bereich?

Dirk: Beim Lernen ist es die klassische Geschichte, Seminarkatalog. Es dreht sich jetzt ein bisschen um, bedarfsorientiert, dass der Mitarbeiter sich selbst artikuliert: ‚Um den Job zu machen, brauche ich folgende Unterstützung’. Das muss kein Seminar sein, das kann ein Buch, ein Online-Kurs oder ein Coach sein. Also dass man einen anderen Weg geht und nicht mehr die klassische Gießkanne ausrollt. Bei uns ist es so, dass wir versuchen, das ganze Thema auf einem Skillbaum aufzubauen. Was brauchst du, um deinen Job zu machen? Bedarfsorientiert und aufgabenorientiert. Das ist ein Change. Wir bauen es auf den Mitarbeiter um. Der Mitarbeiter kann z.B. sagen: ‚Mein Aufgabenbereich hat sich verändert, das Skill brauche ich, das Skill ist weggefallen’. Ich pflege quasi Stellenprofile aus Quellensicht und nicht mehr wie früher aus HR, weil da ein Audit kam.

Melanie: Geht es auch bis zum Ausscheiden eines Mitarbeiters?

Dirk: Ja. Unser einfachster Fall ist klassisch das Exit-Interview. Warum verlässt ein Mensch das Unternehmen? Angenommen jemand kündigt, dann brauchst du irgendeine Art Vorschlagswesen, welche Mitarbeiter sind schon inwieweit qualifiziert. So eine Art Karrierepfad, dass jemand entwickelt werden kann. Das ist ja einmal verbunden mit einer internen Bewegung und einer Bewegung nach außen für den Mitarbeiter, der das Unternehmen verlässt.

Melanie: Ich habe jetzt eine ganz gute Idee, was mit so einem Personalsystem möglich ist. Jetzt müssen wir noch ein bisschen darüber hinaus gucken. Was macht ihr um so eine Systemeinführung zu begleiten? Damit ein Unternehmen das auch am Ende lebt.

Dirk: Für mich ist immer wichtig, alle Player von Beginn an dabei zu haben. Also alle Beteiligten, die einen direkten Impact haben. Die Bereitschaft zur Veränderung, die müssen wir mitgeben: ‚Ihr habt jetzt die Chance, Dinge, die euch schon immer gestört haben, auf den Tisch zu packen. Vielleicht gibt es da in der digitalen Welt neue Möglichkeiten’. Es geht am Anfang mit einem Kick-off los und dann machen wir Basistrainings. Wir versuchen immer, dass der Kunde sehr viel selbst erarbeiten kann. Um später die Beraterleistung nicht einkaufen zu müssen. Dass er also Rechte einstellen kann, Masken verändern kann, Reports erzeugen kann. Das ist wichtig, dann hat man auch ein Vertrauen. Danach kommen weitere Schulungen, dann gibt einen Review, den der Kunde vorbereitet hat: macht das Sinn, kann rexx das so abbilden oder wenn nein, welche Alternativen gibt es. Und ganz am Ende sagen wir: ‚Haben wir unser Ziel aus dem Kick-off erreicht? Ja oder nein?’. Und dann gibt es eine Abnahme und dann geht es in den Regelbetrieb rüber.

Melanie: Jetzt möchte ich noch etwas übergreifender gucken. Was würdest du denn sagen, was man tun muss, um die Menschen bei dieser digitalen Reise mitzunehmen?

Dirk: Eine einfache Lösung in meinen Augen: Vertrauen schenken. Einfach sagen: ‚Du machst das schon richtig’. Wenn du ein neues System einführst und sehr nah beim Kunden bist, bei dem Mitarbeiter selbst, dann diesen Workflow ganz kurz zu halten, sofort zwischen der Ursache und der Wirkung ein Feedback zu bekommen. Hör’ auf den Mitarbeiter. Gib’ dem viel Vertrauen, verkürze die Entscheidungswege. Und gib’ mehr Feedback.

Melanie: Was glaubst du, wo es perspektivisch hingehen wird? Wo geht das Thema Digitalisierung hin, speziell in eurem Bereich?

Dirk: Ich glaube insgesamt, der Arbeitsmarkt wird sich verändern. Wir überaltern. Die Menschen werden wahrscheinlich nicht nur einen Job sondern mehrere Jobs haben. Also die Frage ist, so ein Personalsystem der Zukunft ist das wirklich nur unternehmensplatziert oder ist es eher so ein Linkedin oder Xing. Eher wie ein Bankkonto, das man verwaltet. Warum soll ich nicht meine Personalakte in ein bestimmtes Umfeld geben und alle bedienen sich an diesem Konto. Dass meine Weiterbildung dort gepflegt ist, und wenn ich mehrere Arbeitgeber habe, können auch die Schichtpläne dort miteinander abgestimmt werden. Es kann meine Qualifikation geteilt werden. Also, ganz anders. Wir müssen auch anders kooperieren. Ich glaube dieses Mindset, wenn der andere etwas besser macht, dann brauche ich keine Abwehrhaltung, sondern ich muss fragen, was mach ich nicht so gut. Und dann kann man fragen, was hast du gemacht. Und wenn der kooperiert, dann gibt er dir auch die Antwort.

Melanie: Was gibt es noch zum Schluss? Was möchtest du als Botschaft mitgeben?

Dirk: Jeder sollte ein bisschen mutiger sein als er heute ist. Die Schranken sind bei uns im Kopf. Aus dem Komfortbereich in die unbekannte Zone aufbrechen. Das wichtige dabei ist, ich brauche Feedback. Wir müssen lernen, Menschen zu bestärken, und nicht nur das Negative zu sehen. Heute in der Presse haben wir immer die schlechten Nachrichten. Wenn jemand scheitert, dann sagt man: ‚Guck’ mal, der ist gescheitert, gut, dass ich es nicht gemacht habe’. Ich würde lieber den Gedanken haben, aber er hat es versucht. Er hat viel gelernt dabei. Und was er jetzt an Wissen bekommen hat, das ist mit keinem Hochschulwissen bezahlbar und er weiß, so geht es nicht. Wir müssen lernen, ja, zum Scheitern zu sagen. Lernen ist einfach scheitern. Wir müssen darin bestärken, Menschen wieder zu fördern. Und jeder Mitarbeiter, wo man sagt, der muss raus, der passt nicht in die Firma, da ist die Frage, habe ich in meiner Firma eigentlich das gemacht, was meinem Mitarbeiter entspricht. Habe ich ihm die Möglichkeit gegeben, auch zu verändern. Diese Durchlässigkeit habe ich oft gar nicht. Wir haben einmal unser Mindset im Kopf, wir haben unsere Gesetzgebung, wir haben eine geänderte Gesellschaft, wir haben andere Unternehmen wir haben einen anderen Markt. Das zusammen zu bekommen, geht nur, wenn wir gemeinsam wollen. Und mal sagen, ich mach mal Dinge, die vielleicht nicht ganz so common sense sind, aber ich probiere was. Das ist meine Bitte, vielleicht ein bisschen offener zu sein.

Melanie: Ich danke dir für das spannende Gespräch!

Dirk: Gerne, hat Spaß gemacht.

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